Präsentismus – Alle präsent, niemand da?

Wer kennt das nicht? Man wird krank und das zum unpassensten Moment. Kurz vor der Abgabe eines Projekts oder am Tag eines wichtigen Termins. Natürlich schleppt man sich da ins Büro. Oder: Kollege Maroldt ist wieder mal krank. Anstatt aber zu Hause zu bleiben, um sich auszukurieren, schnieft und hustet er, demonstrativ leidend, im Großraumbüro.

Viele haben in diesen Tagen mit Schnupfen, Husten oder Grippeviren zu kämpfen. Bei den Ärzten und Ärztinnen herrscht Hochbetrieb in den Ordinationen und den meisten PatientInnen wird geraten, zu Hause zu bleiben, um gesund zu werden. Immer öfter wird dem/der Mediziner/in dann jedoch entgegnet: „Nein, ich kann mich nicht krankschreiben lassen, ich habe zu viel Arbeit.“

Dieses Phänomen nennt man im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsföderung „Präsentismus“ und bedeutet, die Anwesenheit im Beruf trotz Krankheit.

Die Ursachen hierfür sind vielseitig:

  • Die Einschätzung der Betroffenen im Beruf unverzichtbar zu sein.
  • Aus „falscher“ Kollegialität Rücksicht auf seine Teamkollegen nehmen zu wollen, um diese nicht im Stich zu lassen.
  • Ein besonderer Faktor in Zeiten von Krisen ist, dass oft Angst besteht, den Arbeitsplatz verlieren zu können. Der eine oder die andere nimmt sich auch lieber Urlaub als sich krank schreiben zu lassen, damit kein Krankenstand in der Akte steht — eine Entwicklung, die in eine falsche Richtung geht.

Wenn kranke Mitarbeitende trotzdem in die Arbeit gehen, ist es leider zumeist der Fall, dass der/die Erkrankte die KollegInnen ansteckt und mehrere nach einander ausfallen. Zudem ist es erwiesen, dass erkrankte Personen nur eine eingeschränkte Leistung erbringen können. Mit Kopf- und Gliederschmerz arbeitet es sich meist auch nicht besonders produktiv. So kann es sein, dass selbst für einfache Arbeiten mehr Zeit benötigt wird, da die Konzentration eingeschränkt und die volle Leistung nicht abrufbar ist.

Aber Präsentismus kommt nicht nur in Zusammenhang mit Krankheiten vor, auch Stress, Ängste, Sorgen, Schlafstörungen, depressive Verstimmungen und in zunehmendem Ausmaß Burn out-Probleme beeinträchtigen die Arbeitsleistung. Diesem Trend kann entgangen werden — folgende Maßnahmen können viel bewirken:

  • regelmäßige, frühzeitige Check ups mit Erfassung von psychosozialen Belastungsfaktoren
  • gesundheitspädagogische Programme
  • Führungskräfte-Schulungen
  • gesundheitsfördernde Anpassungen der Arbeitsplätze

Bei zunehmend älterer Belegschaft und steigenden Anforderungen für Arbeitende werden die Präsentismus-Prävention und eine Kultur der Achtsamkeit für Gesundheit künftig an Bedeutung gewinnen.